Das Lichtbildarchiv älterer Originalurkunden (LBA) der Philipps-Universität Marburg feierte am 4. April seinen 75. Geburtstag. Das im Jahr 1928 von Edmund Ernst Stengel (1879-1968) als „Lichtbildstelle“ am Seminar für Historische Hilfswissenschaften gegründete Archiv strebt an, die originale urkundliche Überlieferung des mittelalterlichen deutschen Reiches bis zum Jahr 1250 fotografisch optimal aufzunehmen, sie nach diplomatischen Gesichtspunkten zu bearbeiten und die Ergebnisse der Forschung zugänglich zu machen. Schon Stengel definierte das Lichtbildarchiv als dokumentarisch-monumentarische Doublette zwischen den Rollen des Sicherungsarchivs und der Distribution. Denn einerseits dürften die Aufnahmen nichts unterdrücken und müssten soviel wie möglich von den äußeren Merkmalen der Originale herausholen. Andererseits aber gebe es den legitimen Zweck der wissenschaftlichen Distribution als Information; mit dem Medium einher gehe der Zug zur einheitlichen Erscheinung, Standardisierung und Formatierung auf Seiten des Mediums und seines Gegenstands, wobei das Maßstabsverhältnis zum Original natürlich jeweils mit zu dokumentieren sei.
Die derzeit rund 16.000 Urkunden, von denen etwa 50.000 Fotonegative vorliegen, sind durch Karteien erschlossen; eine Datenbank befindet sich bereits im Aufbau. Das dem Fachbereich Geschichte und Kulturwissenschaften angehörende LBA ist die größte Sammlung seiner Art in Europa, in seiner Existenz aber möglicherweise bedroht, wie der Gießener Anzeiger berichtet, da die einzige wissenschaftliche Mitarbeiterstelle mit der anstehenden Pensionierung des Stelleninhabers, AOR Dr. Heinrich Meyer zu Ermgassen, aus Einsparungsgründungen wegzufallen droht.