Der verheerende Brand in der Herzogin Anna Amalia Bibliothek in Weimar am 2./3. September 2004, der Zeitungsberichten zufolge durch eine marode, zum Teil noch aus DDR-Zeiten stammende Elektroanlage im Dachstuhl ausgelöst worden sein soll, hat zehntausende unersetzbare historische Bücher zerstört und Schäden in zweistelliger Millionenhöhe angerichtet. Ein Stück Weltkulturerbe sei unwiederbringlich verloren, sagte Kulturstaatsministerin Christina Weiss in Weimar und sprach von einer „nationalen Kulturkatastrophe“.
Etwa 30.000 Bände aus dem 16. bis 18. Jahrhundert wurden vernichtet, rund 40.000 durch Wasser und Rauch beschädigt. Rund 120.000 Bände wurden in Sicherheit gebracht. Die Ursache für den Brand, der am Donnerstagabend in der zum Weltkulturerbe gehörenden Bibliothek der Klassikerstadt ausgebrochen war, ist unklar. In fünf Wochen sollten alle Bücher, nicht zuletzt wegen der unbefriedigenden Brandschutzsituation in der Bibliothek, in ein neues Tiefenmagazin umziehen, das im Februar 2005 eröffnet werden soll. Das am Freitagmorgen gelöschte Feuer hat auch den berühmten Rokokosaal beschädigt.
Die wertvollen Bestände sind nach Stiftungsangaben nicht versichert. Kulturstaatsministerin Weiss sagte vier Millionen Euro Soforthilfe des Bundes zu. Das Land Thüringen will bei der Rettung der Bücher ebenfalls helfen. Die vom Löschwasser beschädigten Bücher sollen – damit sie nicht aufquellen und aufweichen und sich Schimmelsporen und Fäulnis ausbreiten – schnellst möglich schockgefroren und ins Zentrum für Bucherhaltung nach Leipzig gebracht werden. Die Deutsche Bibliothek Frankfurt/Main schickte zwei Fachleute nach Weimar. Professor Norbert Reimann, Leiter des Westfälischen Archivamts in Münster, das sich mit dem Spezialtrocknen und Restaurieren beschädigter Dokumente einen Namen gemacht hat, rät, die historischen Bücher mit ihren wertvollen Einbänden vor dem Einfrieren mit Mullbinden fest zu umwickeln.
Die Mitarbeiter der Bibliothek legen mittlerweile eine Datenbank der verbrannten Bücher und handschriftlichen Originale an. Opfer der Flammen sind vor allem aus Anna Amalias Musikaliensammlung und der 1722 integrierten Bibliothek von Konrad Samuel Schurzfleisch zu beklagen. Vieles davon ist auch als Text für immer verloren. Bibliotheksdirektor Michael Knoche klagt, dass es große Lücken bei der Sicherheitsverfilmung gab. Mit diesen Arbeiten war in Weimar erst kurz vor der Wende begonnen worden.
Die Intendantin des Kunstfestes Weimar, Nike Wagner, rief ebenso wie Staatsministerin Weiss zu Spenden auf. Die Mittel für die bereits seit langem geplante Sanierung des Stammhauses der Bibliothek, für die acht bis neun Millionen Euro veranschlagt waren, reichten nicht aus, sagte Weiss. Bei der Sanierung sollen auch die Brandschutzeinrichtungen verbessert werden, sagte Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU).
Die Herzogin Anna Amalia Bibliothek gehört seit 1998 zusammen mit anderen Weimarer Stätten der deutschen Klassik zum UNESCO-Weltkulturerbe. Von 1761 bis 1766 wurde das Grüne Schloss unter Herzogin Anna Amalia (1739-1807) zum Bibliotheksgebäude umgestaltet.
Spendenkonten:
- Deutsche Stiftung Denkmalschutz: Konto 305 555 500, Commerzbank Bonn, BLZ 380 400 07, Kennwort Anna Amalia
- Stichwort \“Gesellschaft Anna-Amalia-Bibliothek\“, Kontonummer 301 040 400, Sparkasse Mittelthüringen (Bankleitzahl 82 051 000).
Link: www.anna-amalia-bibliothek.de/spende.html
Kontakt:
Herzogin Anna Amalia Bibliothek
Platz der Demokratie 1
99423 Weimar
Tel. (0 36 43) 545-205
Fax (0 36 43) 545-220
infohaab@swkk.de
Quelle: Aachener Zeitung, 3.9.2004; TLZ, 3.9.2004 und 6.9.2004.
<http://www.augias.net/art_archiv_net_4005.html>